StattChor

Mein lieber Herr Gesangsverein

Mein lieber Herr Gesangsverein

22.05.2009, Karen Kliem 


Duisburg. Der Stattchor Duisburg pflegt das andere Liedgut von Mozart bis Max Raabe - und macht Spaß mit kabarettistischen Einlagen. Es gilt das gesungene Wort.

Na, das macht ja Appetit! „Auf dem Lachs hockt 'ne Fliege” heißt das aktuelle Programm des Stattchors Duisburg, der denn auch denen, die ihn nicht kennen, gleich mit diesem Titel und dem eigenen Namen klar macht: Wir sind anders! Wir besingen nicht Ännchen von Tharau und andere Lieblichkeiten. Kann sein, dass sich mal ein Liebeslied ins Repertoire schmuggelt, aber dann nur, weil es grad so ein schöner Kontrast ist. Auch die holde Natur mag mal im Liedgut auftauchen. Aber eigentlich halten es die Chormitglieder eher mit Bert Brecht: „Was sind das für Zeiten, wo ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist, weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!” Und wo Brecht ist, sind Weill und Eisler nicht weit. Mein lieber Herr Gesangsverein, der Stattchor versteht sich politisch, es gilt das gesungene Wort, und das soll eine Aussage transportieren, die meist weit weg von „Schön ist es, auf der Welt zu sein” liegt. Da betont Friedel Kühler, mit 69 Jahren die „Alterspräsidentin” des Chors: „Aber moralinsauer sind wir deshalb nicht.”

Vielleicht ein wichtiger Hinweis, denn entstanden ist die Alternative zum traditionellen Chor vor über zwanzig Jahren aus Leuten, die bei Ostermärschen und Anti-Atomkraft-Demos gesungen haben, und Mitgliedern des Tor-1-Chores der arbeitskämpfenden Kruppianer. Heile Welt hatten da die wenigsten im Herzen, und der erhobene Zeigefinger gehörte damals dazu. Ihre Stimmen waren für einen „MGV Liederkranz” oder wie sie heißen, mit Notenwart und einheitlicher Kleidung, schon da perdu. „Ich hab's ja mal versucht”, erzählt Monika Sandmann, „ich wollte so gerne die Carmina Burana singen. Zwei Proben habe ich tapfer ausgehalten, aber dann ging das nicht mehr.” Denn im Stattchor stimmt man sich gemeinsam und ausgiebig ab, und das gilt nicht nur für den Gesang.

Was die Literatur angeht – nee, da hat die Chorleiterin Kerstin Geener nicht viel zu melden. Dafür gibt es – ganz basisdemokratisch – eine „Programmgruppe”, die rund ums gewählte Thema nach passendem Liedgut, aber auch nach Sketchen, Texten und Instrumentalstücken sucht, denn zum Chor gehört auch eine Band. Und ein Auftritt des Stattchores beinhaltet nicht nur das Absingen von Liedern, sondern hat eher Revue-Charakter. Der einzige Einwand der 37-jährigen Profi-Musikerin, den man gelten lässt: „Zu schwer.” Aber das kommt immer seltener vor. „Bei der Stimmbildung, da quält sie uns auch schon mal”, sagt Christine Zentek, die von Anfang an dabei ist und deshalb behaupten darf: „Da haben wir einen riesigen Qualitätssprung von damals bis heute gemacht.” 

« vorige Seite Seitenanfang nächste Seite »